BGH, Urteil vom 7.05.2014 – IV ZR 76/11 = BGHZ 201, 101
Der für das Versicherungsrecht zuständige 4. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte darüber zu entscheiden, ob der klagende Versicherungsnehmer Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge aus einer Rentenversicherung nach einem Widerspruch gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. verlangen kann.
Diese wurde aufgrund eines Antrags des Klägers mit Vertragsbeginn zum 1. April 1998 nach dem Policenmodell des § 5a VVG a.F. abgeschlossen. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation gemäß § 10a VVG a.F. erhielt er mit dem Versicherungsschein. Sodann zahlte der Versicherungsnehmer bis Mai 2008 monatlich die Prämien. Im Juni 2008 erklärte er den Widerspruch vom Vertrag, hilfsweise die Kündigung. Die Beklagte bestätigte die Kündigung und zahlte dem Kläger einen Rückkaufswert. Mit seiner im April 2011 erhobenen Klage begehrt der Kläger Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge zuzüglich Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, weil der Widerspruch verfristet gewesen sei. Mit der Revision verfolgte der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter.
Der BGH stellt fest, dass der Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge hat, da der Rückgewähranspruch bei Erhebung der Klage im April 2011 nicht verjährt war.
Die Regelverjährung beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.
In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob der auf Rückgewähr der Prämien gerichtete Bereicherungsanspruch bereits mit jeder einzelnen Zahlung (so Armbrüster, NJW 2014, 497, 498; LG Heidelberg, Urteil vom 25. September 2014 – 1 S 15/13) oder erst mit der Ausübung des Widerspruchsrechts entstanden ist (so OLG Stuttgart, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 7 U 54/14).
Nach Ansicht des Senats entstehe der Anspruch im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB erst mit der Ausübung des Widerspruchsrechts.
Ein Anspruch entsteht, wenn er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. Voraussetzung hierfür ist die Fälligkeit des Anspruchs gemäß § 271 BGB (Palandt/Ellenberger, BGB 74. Auflage § 199 Rn. 3). Der Bereicherungsanspruch wurde erst mit der Erklärung des Widerspruchs fällig, denn in diesem Zeitpunkt wurde dem bis dahin schwebend unwirksamen Versicherungsvertrag endgültig die Wirksamkeit versagt. Erst durch den Widerspruch wurde der Schwebezustand beendet und Klarheit geschaffen, dass dem Versicherer die geleisteten Prämien nicht zustanden.
Dies gilt auch für das hier bestehende fortdauernde Widerspruchsrecht. Das folgt aus dem Urteil des IV Zivilsenats vom 7. Mai 2014 (Az. IV ZR 76/11 = BGHZ 201, 101 Rn. 17-34), mit dem entschieden wurde, dass ein Widerspruchsrecht fortbestehe, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über dieses belehrt worden sei und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten habe. Trotz der unbegrenzten Widerspruchsmöglichkeit war spätestens bei Rückforderung der Prämien eine Erklärung abzugeben, dass der Kläger den Vertrag nicht wirksam zustande kommen lassen wollte. Insoweit ist die Beurteilung nicht anders als in dem Fall vorzunehmen, in dem die Entstehung des Anspruches von anderen Gestaltungsrechten, wie insbesondere der Anfechtung oder einem Rücktritt, abhängt.
Sarah Appelrath